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Süchtig nach Essen, Einkaufen, Medien und Arbeit

Frustessen, emotionales Essen, Sucht nach Schokolade, Kaufrausch, Medien- und Arbeitssucht - So überwindest du dein süchtiges Verhalten und unkontrollierten Konsum

Warum werden wir süchtig nach Essen, Süßigkeiten, Medien, Einkaufen und sogar nach Arbeit?

Evolution und Automatismen:

Unser Gehirn hat nur eins im Sinn: unser Überleben zu sichern. Wenn uns etwas schmeckt, uns angenehm ist wir schnell als „Gut fürs Überleben“ interpretiert. Unser Gehirn belohnt uns mit Glückshormonen: Wir fühlen uns gut! Und das wollen wir wieder haben.

Schmerz und Ekel hingegen sind negative Reize, eine Warnung. Wenn wir etwas tun, was unser Überleben kurzfristig gefährdet, empfinden wir Schmerz oder Ekel. Das Gehirn will für unser Überleben schädliche Verhaltensweisen schnell identifizieren und um jeden Preis vermeiden. 

Je öfters wir Verhaltensweisen wiederholen, umso schneller tun wir sie dann. Wir üben sie richtig ein. Irgendwann laufen sie automatisch ab, wie eine Hintergrundmusik und wir haben Kapazitäten frei für andere Dinge. Denke nur an das Autofahren: an die ersten Fahrstunden, wo du an alles separat und ganz konzentriert denken musstest. Und jetzt? Das Auto fährt wie von alleine, dabei kannst du gleichzeitig essen, mit jemandem sprechen, Radio hören oder einfach nachdenken und träumen.

Aus der Sicht der Evolution sind solche Automatismen lebensnotwendig. Sie lassen einfach Kapazitäten frei für andere Tätigkeiten. Bei Gefahr haben wir keine Zeit zum Überlegen, und müssen sofort handeln. Reflexe und Automatismen sind in gefährlichen Situationen lebensrettend!

Egal welche Tätigkeit, wie z.B. viel oder zu oft essen, unbedacht einkaufen, sich von den Medien nicht losreißen können, dauernd Mails checken und freiwillig viel zu viel Arbeiten, können sich zu einem süchtigen Verhalten, d.h. zu Automatismen entwickeln. 

Wie entsteht das süchtige Verhalten und der Zwang nach übermäßigem Essen, nach zu viel Einkaufen, nach Medien, nach Sex und Arbeit?

Nehmen wir als Beispiel Schokolade.

Wir haben irgendwann die Erfahrung gemacht, dass Schokolade sehr lecker schmeckt und uns dadurch wortwörtlich das Leben versüßt. Die meisten von uns wurden als kleine Kinder bereits mit Süßigkeiten verwöhnt und belohnt. Es gibt so gut keine Feier, wo man nicht extra einen Kuchen backt, um der Situation dieses ganz besondere, feierliche ETWAS zu geben.

Bereits als Kleinkind wird abgespeichert: Schokolade macht das Leben einfach süß. Sie macht es schöner und lebenswerter. Sie ist mit Freude, Feiern, Geselligkeit, Luxus verbunden. Die Schokolade bleibt nicht nur ein körperliches Genussmittel. Sie wird „voll beladen“ mit positiven Emotionen. Die fatale, tragische Verknüpfung zwischen der Tafelschokolade und den positiven Emotionen ist entstanden, und wird unser Leben tiefgreifend beeinflussen.

Auf die körperliche Abhängigkeit von Zucker und Schokolade werde ich nicht eingehen. Ich werde mich auf die psychische Abhängigkeit konzentrieren.

Früher oder später kommen Situationen im Leben, in denen wir nicht „auf der Höhe“ sind. Überforderung, Stress, Frust, Einsamkeit, Leere, Langeweile, Einsamkeit und schmerzvolle Gefühle breiten sich aus. Und wir (unser Gehirn) wollen diese schmerzvollen, negativen per se Gefühle vermeiden. So ist das Gehirn evolutionär programmiert, um unser Überleben zu sichern.

Und zack, im Chaos der Gefühle, erscheint langsam am inneren Horizont (oder an der Kasse im Supermarkt) die rettende Tafel Schokolade. Wie eine Fata Morgana verspricht sie Wohlbefinden, Glückseligkeit und so viele schöne Gefühle. Es wird uns warm ums Herz, wir fühlen uns umhüllt, umarmt, geliebt und umsorgt. Das Knacken im Mund beim Zerbeißen, und wie sie auf der Zunge weicher wird und schmilzt. Welch göttliches Vergnügen! Und da bin nur ich mit der Schokolade, der Fokus richtet sich auf das wohlige Vergnügen, und all die negativen Dinge scheinen zu verschwinden…und dann noch ein Stück, weil die Hoffnung da ist, dass es dadurch noch schöner wird… und noch eins… bis sie irgendwann gar nicht mehr schmeckt und einem sogar übel ist. Aber das fatale Versprechen und die Hoffnung nach noch mehr Glück bleiben lange.

Und langsam erwachen wir aus der komatösen Trance: die negativen, schmerzvollen Gefühle kommen wieder zurück. Die Einsamkeit, die Langeweile, der Frust, der Stress… aber dieses Mal ist der Bauch voll und es fühlt sich nach Kotzen an. Und der ungläubige Blick auf die leeren Packungen und die Selbstvorwürfe: “Das gibt’s doch nicht! Wie konnte ich bloß! Was für eine Schweinerei. Ich bin so ekelhaft, so erbärmlich. Es ist klar, dass mich keiner liebt“. So oder ähnlich verlaufen dann meist die Selbstgespräche.

Nicht besonders aufbauend oder?

So ähnlich ist es beim unkontrollierten Shopping oder (fast) süchtigem Medienkonsum. Gefühle wie Langeweile, Frust, Ärger, Einsamkeit, Überforderung, Traurigkeit, Sehnsüchte und im Grunde jedes schwer auszuhaltendes Gefühl oder unerfülltes Bedürfnis können zu dem Drang führen, sich durch den Konsum des Genussmittels zu betäuben. 

Beim Einkaufen von Klamotten und Schuhen wollen wir uns schön, sexy, jung und attraktiv fühlen, uns aufwerten, an Status gewinnen. Vielleicht auch neue visuelle Eindrücke gewinnen, etwas Neues in unser Leben bringen.

Der (unkontrollierte, übertriebene) Kauf von anderen Gegenständen erfüllt ähnliche Funktionen. Natürlich macht ein technisches „Spielzeug“ Spaß. Ein neues Handy, ein tolles Auto, alles kann Spaß machen. Bei unkontrolliertem Kauf bzw. Konsum, der die Spaßgrenze überschreitet, ist es höchste Zeit etwas zu ändern. Womöglich gefährdet er deine finanzielle Lebensgrundlage oder bringt dich andere Schwierigkeiten. Und es kann beides gleichzeitig da sein: der Spaß UND der süchtige, unkontrollierte Konsum. 

Und was passiert dann?

Der Teufelskreis von negativen Emotionen und übermäßigem Konsum

Das süchtige Verhalten (Essen, Shopping, Medien, Arbeit) bringen einen kurzen flüchtigen Moment der Ruhe, der Stille und der Befriedigung. Aber danach holen wir die Keule raus und bestrafen uns selbst durch Scham, Ekel und schlechtes Gewissen! Eine Ausnahme hier ist das viele Arbeiten, da es gesellschaftlich sehr positiv gesehen wird. Diese Gefühle (Scham, Ekel, schlechtes Gewissen) sind noch schlechter auszuhalten, weil sie in der Evolution als Warnsignal unser Überleben gesichert haben. Scham und Gewissen sichern unsere Aufnahme in die Gesellschaft, in unser soziales Netzwerk. Evolutionstechnisch waren wir darauf angewiesen, denn aus der Gemeinschaft ausgeschlossen zu sein glich einem Todesurteil. Und auf der körperlichen Ebene schützt uns Ekel davor Giftiges und Schädliches zu uns zu nehmen.

Tja, spätestens jetzt, wenn Scham, Ekel und schlechtes Gewissen dazu kommen, fühlt sich die Situation kaum mehr auszuhalten… und da beginnt unser Unterbewusstsein uns wieder Bilder von der Schokolade zu schicken… denn sie verspricht die Rettung, sie verspricht uns eine Welt voller Glück. Alles, was wir so dringend brauchen und so tragisch vermissen, scheint so nahe zu sein: in der Tafel Schokolade.

Wir verfangen uns unmerklich in einem Teufelskreis, in einer Abwärtsspirale, die sich immer schneller dreht. Wie und wann es anfing, ist schwer zu erkennen – das spielt auch keine Rolle mehr. Nur die Befriedigung unserer emotionalen Bedürfnisse und das Verstecken vor der Scham, dem Ekel und vor dem Selbsthasses sind jetzt wichtig.

Wir nehmen es uns vor, damit aufzuhören. Klare Vorsätze. Entschieden. Starker Wille. Erfolgreiche Pausen. Befreiende Aktionen, in denen die Schokolade in den Mülleimer landet.

Bis die nächste Fresswelle uns überrollt und wir wieder „aufwachen“, erschlagen und erdrückt, gestrandet und erschöpft. Und vor allem zutiefst beschämt von uns selbst.

 Wann ist der beste Zeitpunkt, um vom übermäßigen Konsum, vom süchtigem Verhalten auszusteigen?

Je mehr Stress und Druck wir verspüren, um so weniger sind wir in der Lage zu überlegen und abzuwägen, welche Reaktion am besten wäre. Und zwar nicht nur im Augenblick sondern langfristig! Die Konsequenzen unserer Handlung sind uns dann ziemlich egal. Wir handeln impulsiv und verfallen in alte Gewohnheiten: Wir belohnen uns mit Essen, Arbeit, Shopping, Medien, Sex oder anderen Genussmitteln.

Wenn wir außer Kontrolle geratenen Konsum (ähnlich einer Sucht) überwinden möchten, müssen wir bewusst einen Lernprozess anstoßen. Damit du damit Erfolg hast, solltest du dafür sorgen, dass du in dieser Lebensphase möglichst wenig Stress hast. Unter Druck arbeitet dein Gehirn wieder im Überlebensmodus. Dann bist du besonders anfällig, in die alten Muster und Automatismen zu verfallen.

Das Überwinden deiner Sucht ist anstrengend. Beginne damit in einer Phase, wo du eher wenig Stress hast und ausreichend Zeit und Energie frei hast.

Wie beendest du den Teufelskreis des übermäßigen Konsums von Genussmitteln, Medien, Arbeit oder Sex

Die kurze Version

Mit dem Suchtmittel (sei es Essen, Einkaufen, Medien, Arbeit oder Sex) versuchen wir Bedürfnisse zu befriedigen und negative Gefühle auszugleichen bzw. zu unterdrücken. Z.B. fühlen wir uns traurig, so stopfen wir uns Schokolade in den Mund, um uns eine Freude zu bereiten. Wir sind einsam, dann schauen wir uns einen Porno an. Wir wollen gesehen werden, dann chatten wir. Für einen kurzen Moment sind die negativen Gefühle nicht mehr zu spüren. Aber sie kommen ganz schnell wieder. Und da greifen wir noch mal zur Schokolade, zu den Medien oder kaufen wir etwas Schönes. Es so wie ein Eimer mit einem Loch. Du füllst von oben dauernd nach, aber der Eimer ist immer leer. Du hast keine Chance. Weil es nicht darum geht von oben dauernd nachzufüllen. Es geht darum das Loch zu stopfen.

  1. Im ersten Schritt musst du lernen deine Gefühle und deine Bedürfnisse rechtzeitig zu erkennen. (Hier kannst du dir zwei Listen herunterladen: die eine mit Gefühlen, und die andere mit Bedürfnissen. Gehe sie durch, und markiere das, was auf dich gerade zu trifft.)
  2. Im nächsten Schritt musst du lernen deine Gefühle selbst zu regulieren und deine Bedürfnisse mit den richtigen Mitteln und rechtzeitig zu befriedigen.

Schokolade heilt nicht die Trauer. Pornos heilen nicht die Einsamkeit. Im Chat sieht dich eigentlich niemand. Und die neuen Schuhe werten nur sich selbst auf. Die Emotionen heilst du nicht mit Sachen oder Aktivitäten. Du heilst sie indem du lernst sie kennen zu lernen, sie zu verstehen und auszuhalten. 

  1. Der dritte Schritt: Du musst das neue alternative Verhalten (aus Punkt 2) einüben. Zur Schokolade zu greifen ist, Online zu gehen, etwas kaufen, Sex sind wahrscheinlich zu einem Reflex, zu einem Automatismus geworden. Um dir ein neues Verhalten anzugewöhnen, musst du es sehr oft wiederholen. D.h. konkret für dich: statt automatisch zur Schokolade zu greifen, die Alternative tun. Statt in den Chat zu gehen, die richtige Alternative tun. Statt dich im Online-Shop wieder einzutauchen, etwas anderes tun. Das wird dich Energie und Kraft kosten, aber es lohnt sich. 
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